The South West Coast Path – Cornwall 2.-16.9.2023
2 Wochen Cornwall: immer an der Küste entlang – und doch 8000 Höhenmeter
Das ist schon eine besondere DAV-Wanderung, die die 12-köpfige Gruppe um Thomas und Christian im September 2023 antritt:
- Wir reisen fast alle leider wenig nachhaltig mit dem Flugzeug an, das geht kaum anders.
- Dank Sonja haben wir ein Begleitfahrzeug und damit den Luxus, jeden Tag nur mit leichtem Gepäck zu wandern.
- Während der 2 Wochen regnet es fast nicht, im Gegenteil: Hitzewelle über England. Wir kamen alle braun gebrannt zurück wie von einem Sommerurlaub am Mittelmeer.
- Bargeld braucht man in England nicht. Oft steht da: „card payment only”, gerade bei Klickerles-Beträgen.
- Die 10 Tagesetappen sind meist um die 20 km lang, es geht an der Küste entlang und ständig rauf und runter. Anders als in den Bergen haben wir gar kein Gefühl für die Höhenmeter. Am Ende stehen rund 230 km und über 8000 Höhenmeter auf den verschiedenen Trackern. Keiner von uns war vorher je so lange am Stück gelaufen.
Die Teilnehmer:
Thomas, Christian, Olga, Andreas, Inge, Karin, Horst, Meinrad, Jürgen, Anni, Uta und Sonja mit dem Wohnmobil. (Lothar fehlt leider wegen akuter Zahnschmerzen.)
Die Etappen:
Newquay – Perranporth – Portreath – St. Ives – Pendeen – Land`s End – Penzance (Ruhetag) – Porthleven – Lizard Village – St. Keverne – Falmouth (Ruhetag).
Von hier aus mit dem Zug zurück nach Newquay.
Die Tour:
Samstag: Die motivierten Wanderer folgen der Ansage der Stewardess im Flugzeug: „Gutes Wandern“. Horst, Karin, Meinrad und ich nehmen das wörtlich und laufen direkt am Flughafen los nach Newquay. Unterwegs stoppen wir an einem Ausflugszelt mit Liegestühlen, Blick auf den Atlantik, Livemusik und den ersten Pints of Cider. Die anderen warten schon auf uns im blauen Haus in Newquay, dessen Besitzer dem DAV-Carsten zum Verwechseln ähnlich sieht und zu seinem Namen Lee noch den Zusatz Carsten bekam!
Sonntag: Der erste Wandertag: Newquay – Perranporth. Herrliches Wetter, “einfache Tour” zum Einlaufen, nur 19 km. Das Highlight: die Fähre über den River The Gannel. Wir können uns kaum sattsehen an der magischen Landschaft: im Westen das Meer, im Osten sanfte Grashügel, Weidelandschaft, vor uns wilde Klippen, Sandstrände und immer mal wieder ein Pub oder Café zum Einkehren: Rosamunde Pilcher Country.
Am Anfang denken alle, Thomas hätte sich verrechnet, und bei der Planung der 8000 Höhenmeter Auf- und Abstiege doppelt gezählt. Daher vermuten wir, dass er am ersten Tag noch ein paar Höhenmeter schinden will, als wir am Abend unser Gepäck in Sonjas Wohnmobil holen wollen und auf der Suche nach ihr ein paar unnötige Runden drehen. „Sonja, schick mir deinen Standort“ wird daraufhin zum geflügelten Wort. Und Thomas zum „Schinder“ oder „Schleifer“.
Montag: Nach der Nacht im zweiten blauen Hotel direkt am Meer gehen Anni, Olga und ich morgens schwimmen. Eine herrliche Erfrischung in diesem Wellenbad zwischen Ebbe und Flut. Und anschließend direkt zum „full english breakfast“ in der Sonne auf der Hotelterrasse.
Der 2. Wandertag ist sehr stürmisch. Zum Glück – sonst wären wir in der Hitze eingegangen auf dieser recht langen Tour mit vielen Treppen und rund 800 Höhenmetern. Unterwegs geht es vorbei an vielen alte Zinnminen und Militäranlagen. Zeugen der bewegten Geschichte Cornwalls als Bergbauregion und strategischem Stützpunkt ganz im Süden Englands. Unterwegs versorgt ein Rettungshubschrauber einen verunglückten Surfer an einem meilenweiten Strand. Übernachtung mal wieder in einem blauen Haus, diesmal in Portreath.
Dienstag: Am nächsten Morgen verzögerte unsere Wirtin, eine gechillte englische Lady, den Abmarsch in Portreath um rund eine halbe Stunde. Überhaupt haben hier die meisten Leute die Ruhe weg. Dafür ist das Frühstück wirklich sehr lecker mit verschiedenen Ei-Varianten und allem, was man braucht. Die richtige Stärkung vor diesem Wandertag, der mit 29 km unser längster sein sollte. Tatsächlich kann das Grüppchen der “Strandläufer” ein paar Kilometer abschneiden. Und es ist ein ganz besonderes Wandergefühl: mit Rucksack und Stöcken mehrere Kilometer barfuß durch den feinen weißen Sand. Leider ist die vermutete Furt am Ende des Strands nicht flach genug. Trotz Ebbe und mehrerer Versuche lässt sie sich nicht durchqueren, sonst stünde uns das Wasser bis zum Hals. Daher treffen wir den anderen Teil unserer Gruppe, die Klippenläufer, laufen eine große Schleife durch Hayle, kehren nochmal in einem schönen Pub ein und wollen dann ab Lelant mit der alten Eisenbahn fahren. Die hält aber nur morgens. Deshalb nehmen wir den Bus zum altehrwürdigen Tregenna Castle am Rande von St. Ives. Eine Riesenanlage mit Golfplatz, Hochzeitspavillon und Schloss. Standesgemäß für uns Wanderer. Dank Sonjas Einkäufen wird heute selbst gekocht in unseren beiden großen Ferienwohnungen: Spaghetti mit Hackfleisch- oder Tomatensauce und leckeren Salat.
Mittwoch: Dieser Tag von St. Ives nach Pendeen hat es in sich: gedacht: 22 km, tatsächlich 28 km. Und 1100 Höhenmeter. Landschaftlich wunderschön, aber extrem anstrengend. Und kein Wölkchen am Himmel. Kein Wind. Wir werden gebraten. Anni rutscht unterwegs zweimal aus und nimmt entsprechend Schlammbäder. Auf den schmalen Pfaden an der Steilküste retten wir außerdem zwei Engländer: Ein älterer Mann hat sich völlig überschätzt, ist dehydriert und kommt dank Horsts Wasservorrat wieder zu Kräften. Christian begleitet ihn danach bis zum nächsten Ort, wo wir anderen schon in einem Pub eingekehrt sind, und neue Kräfte tanken. Christian verpasst uns leider und läuft daraufhin alleine weiter. Wir vier Mädels (Anni, Olga, Karin und ich) nehmen von hier aus den Coaster (Doppeldeckerbus) nach Pendeen. Eine weise Entscheidung. Die „Rennläufer“, das ist die Gruppe der Männer um Thomas und Inge wandern weiter und kommen abends ziemlich erschöpft um halb acht in unserem Pub an. Dafür gibt es hier ein super Abendessen (indische Curries).
Donnerstag: Auf der Tour nach Land’s End umrunden wir die Südwestspitze Englands: Cape Cornwall. Vormittags geht es an vielen alten Zinnminen vorbei. Kurz vor der Mittagspause am Kap sehen wir zunächst eine Bucht voller Seelöwen und treffen anschließend auf 3 vermummte Gestalten, sie sehen aus wie eine Corona-Teststation. Ich frage sie, was sie hier machen: sie versuchen, heimische Pflanzen vor invasiven Arten zu schützen, die sich hier schon weit ausgebreitet haben. Danach geht es auf einem schmalen Weg weiter, ab und zu sogar über Blockgestein. Kurz vor Land`s End kommt dann nochmal ein schöner Strand, an dem wir nicht vorbei gehen konnten: Christian, Olga und ich gehen nochmal schwimmen. Am Abend sind wir dann in unserem nobelsten Hotel der Tour, in Land´s End mit Ausblick auf den Sonnenuntergang. Anni und ich sowie Jürgen und Meinrad haben je eine Honeymoon Suite:(1,20 m breite Betten mit einer gemeinsamen Decke). In der Nacht hält uns das Nebelhorn des Leuchtturms lange wach.
Freitag: Heute steht wieder eine lange Tour an und die Richtung ändert sich: es geht jetzt nicht mehr nach Südwesten, sondern nach Nordosten. An dem in den Felsen gehauenen Minack Theater laufen wir vorbei und gehen in der schönen Bucht dahinter baden. Danach geht es viele Höhen- und Kilometer weiter durch Brombeerhecken und vertrocknete Farne. Der Blick geht jetzt über den Ärmelkanal. Man sieht immer öfter Schiffe. Am Ende des Tages wird es hektisch. Wir schaffen es nicht bis Penzance und nehmen kurz vorher den letzten Bus, damit Anni noch rechtzeitig zum Bahnhof kommt, weil sie uns heute verlässt. Wir schaffen es gerade so, indem Thomas einen Spurt zu Sonjas Wohnmobil hinlegt und in letzter Sekunde Annis Rucksack holt. Im Bus muss man aufpassen, keinen Platz zu erwischen, wo vorher die Möwen hingesch… haben. Andreas sieht das zu spät.
Am Abend übernachten wir ziemlich fertig im Youth Hostel, wo es zum Abendessen ein undefinierbares Curry gibt. Unser einziges schlechtes Essen auf dieser Tour. In der Nacht regnet es leicht.
Samstag: Ein Ruhetag. Zum Ausruhen, einkaufen, Blasen pflegen… Nur Jürgen und Meinrad machen auf ihrer Rundtour zu Botanischen Gärten mit 22 Kilometern genauso viel Strecke wie an einem Wandertag. Wir alle schauen im Laufe des Tages beim „Admiral Benbow“ vorbei. Hier gibt es Bier in allen Variationen, gutes Essen und Erinnerungen an Robert Louis Stevensons „Die Schatzinsel“.
Sonntag: Nach den langen Wanderungen der Vortage kürzen wir heute ab und nehmen für die erste unattraktive Strecke bis Moravian den Bus. Hier in der Bucht von Penzance landet unser Blick auf Mount St. Michael, einem Inselchen mit Dorf und Kirche, das man bei Ebbe trockenen Fußes erreichen kann, bei Flut liegt es im Meer. Die Landschaft sieht jetzt anders aus als an der Westküste. Es ist flacher, lieblicher. Immer häufiger sehen wir mediterrane Pflanzen. Und direkt am Weg einen Geldbaum, wo man sich etwas wünschen kann. Außerdem kommen wir an einem Denkmal für die erste Telegraphenleitung unter dem Atlantik vorbei. Ein UNESCO Weltkulturerbe.
Bei der Ankunft in unserem heutigen Tagesziel in Porthleven ist richtig was los: Viele junge Leute schwimmen und springen von den Mauern im Hafenbecken. Es ist Sonntag und es gibt wieder Livemusik in einem Pub. Zum Abendessen gehen wir ins Ship Inn. Ein gemütlicher Pub mit Bierdeckeln an der Decke, gutem Essen und einem Zwilling von Meinrad im Karo Hemd an der Theke.
Montag: Da es kein Café gibt, das um 8 Uhr öffnet, machen wir uns heute selbst Frühstück auf der Terrasse unserer Ferienwohnungen: nach den vielen Spiegeleiern finden wir, es ist das beste Frühstück unserer Tour. Danach wollen Christian, Olga und Uta wieder am Strand entlanglaufen. Heute klappt das nicht. Der Sand ist viel zu weich und wird auch immer wieder von Wasser unterbrochen. Also geht es für alle weiter auf den gewohnten Pfaden durch die Hecken. Mittagsrast am „Love Rock“. Heute werden alle Rosamunde-Pilcher-Klischees erfüllt: ein Maler an der Küste, ein Reiter auf einem Schimmel, ein idyllisch gelegener Golfplatz und dann ein kleiner Hafen, wo gerade ein Fischerboot einläuft mit seinem Lobster-Fang. Es gibt auch noch crawfish und spider crabs. Als wir fragen, in welchem Restaurant man diesen Fang verspeisen kann, kommt die Antwort: „Der Großteil geht nach Spanien und nach München. Hier kriegen Sie das nicht.“ Schade. Wir laufen weiter und kommen kurz vor Lizard Village noch einer Bar an einer tollen Badebucht vorbei, Kynance Cove. Von hier aus kann man den „low tide“ oder den „high tide“ path weiter nehmen, je nachdem wie hoch das Wasser steht.
Kurz vor dem Abendessen noch ein Highlight: Lizard Point: Hier steht das südlichste Café Englands mit einem Leuchtturm. Zum Abendessen stellt Jürgen einen neuen Rekord auf: den 4. Tag in Folge: fish & chips.
Dienstag: Unser Schleifer hat heute frei und verbringt den Tag mit Sonja, um ihr auf den schmalen Straßen auf der Lizard-Halbinsel als Beifahrer zu helfen. Für den Rest unserer Gruppe wird der Tag gemütlich: Gleich bei der ersten Gelegenheit machen wir Pause und Karin und Horst essen eine große Zimtschnecke und ein Cornish pasty. Ihr Kommentar: “Verpasste Chance bringt keinen Wunsch zurück “. Kurz vor dem nächsten Etappenziel in St. Keverne kehren wir noch bei der Roskilly-Farm ein. Aus der frischen Kuhmilch wird hier Eis gemacht mit sehr ungewöhnlichen Sorten, z.B. Ginger oder Malty Mystery Ice. Wir bilden einen Eiskreis. Unser Hotel ist ein alter Pub direkt neben dem Friedhof und für mich kommt die schönste Nacht: im komfortablen Zelt auf der Wiese hinterm Haus.
Mittwoch: Letzter Wandertag. Heute gibt es wieder ein köstliches Frühstück mit königlichen Eiern, (royal eggs). Es wird wieder etwas später. Auf der Wanderung müssen wir heute wieder zwei Flüsse durchqueren. Beim ersten, dem Gillan Creek, bekommen alle nasse Füße. Und wir werden von einer Familie Schwäne (die in England ja alle dem König gehören) argwöhnisch beobachtet. Über den zweiten Fluss, den Helford River nehmen wir wieder eine Fähre. Danach kommt ein Café und Thomas gibt den Ratschlag: „Achtung: beim Eis keine Balls bestellen. Daran erkennt man sofort die Deutschen.“ Auf dem Weiterweg adoptiert Christian noch eine Kuh und gibt ihr einen Zungenkuss. Was tut man nicht alles für gute Fotos. Danach erreichen wir sehr stolz unser Ziel in Falmouth, wo Sonja uns erwartet.
Donnerstag: Ruhetag in Falmouth. Unsere Wanderung ist vorbei und wir wissen gar nicht so recht, was wir jetzt anfangen sollen. Wir haben Zeit, uns die Burg anzuschauen oder den Trebah Garden, ein Glanzstück der englischen Gartenkultur. Für den Strand ist es heute etwas zu kalt.
Freitag: Nach einem ausgiebigen Frühstück in Falmouth nehmen wir den Zug zurück über Truro und Par an die Westküste nach Newquay. Letzte Gelegenheit, noch einmal ins Meer zu gehen, was ich gerne wahrnehme. Hier endet die Tour am Abend mit einem dicken Dankeschön an Christian, Thomas und Sonja – im gleichen Pub wie zwei Wochen zuvor.
Samstag: Nach dem Frühstück trennen sich unsere Wege. Thomas und Sonja wollen weiter in die Normandie, Christian und Olga nach Dublin und London und Inge und Andreas bleiben noch im Dartmoor. Für den Rest von uns gibt es auf dem Heimflug noch eine Überraschung. Wir haben einen prominenten Mitflieger, Campino von den Toten Hosen, der erfreulich „normal“ daherkommt. Und ein anderer Fluggast fehlt leider. Ein Mann vom Bodenpersonal fragt mich kurz vor dem Abflug schon im Flugzeug: „Passenger Cron is missing. Do you know where he is?“. Der konnte leider nicht mitfliegen und wurde auf dieser Reise öfters vermisst.
Uta Holz