Alpine (Grat-) Touren mit hohem Unterhaltungswert

Bergsteigen in den Urner Alpen vom 09. – 11. September 2018

Bereits kurz nach 11 Uhr erreichten wir am Sonntag morgen den Parkplatz am Furkapass. Von dort benötigten wir lediglich 1 Stunde für den Aufstieg zur Sidelenhütte. Hier begrüßte uns das sehr sympathische Hüttenteam.

Nach kurzer Pause und einer Gewichtserleichterung der Rucksäcke machten wir uns bereits wieder auf den Weg zu unserer ersten Disziplin: Klettern in alpinen Mehrseillängen.

Mit dem Schildkrötengrat erwartete uns, auch als Vorbereitung für den nächsten Tag, eine sehr abwechslungsreiche Gratkletterei im moderaten Schwierigkeitsbereich (4b). Aufgeteilt in zwei 2er-Seilschaften und ausgestattet mit allem was man in so einer alpinen Route zusätzlich braucht (Friends, Klemmkeile, Schlingen, etc.) kamen wir bis zur Schlüsselstelle gut voran. Hier galt es sich zu entscheiden, geradeaus hoch technisch klettern (die Wahl von Lothar und mir) oder links moderat aber ziemlich ausgesetzt umgehen (Werner und Jens). Und so teilten sich also kurz unsere Wege. Die Umgehung (5+) war übrigens mit den dicken Bergschuhen schon eine ordentliche Herausforderung. Da gestaltete sich die technisch gekletterte (A1) doch deutlich angenehmer. Danach konnten wir vereint diese Klettertour erfolgreich bis zum Gipfel durchsteigen. Der Abstieg durch Schutt und Blockgelände war kein Thema mehr.

Nach einem guten Abendessen, einer ersten etwas unruhigen Nacht und einem frühen Frühstück starteten wir am nächsten Morgen also zur zweiten Disziplin: Hochtour.

Unser heutiges Ziel war der Galenstock und zwar über den SE-Sporn. Bewegten wir uns in der Dämmerung anfänglich noch auf dem Abstiegsweg zum Furkapass verließen wir diesen bereits kurz nach dem kleinen See und vorbei am imposanten Hanibal (mit der oben eingerichteten Postauto-Haltestelle) in Richtung Galensattel. Dem aperen und ansteigenden Sidelengletscher folgten wir nun ausgestattet mit Steigeisen nach rechts bis zum Einstieg des SE-Sporns. Zwischendurch konnten wir bereits einen Blick auf die spätere Abseilpiste der gut 150m hohen Wand werfen, ziemlich beeindruckend.

Steigeisen und Eispickel wanderten wieder außen an den Rucksack, die sollten wir später nochmals brauchen, und wurden durch die Kletterausrüstung vom Tag zuvor ersetzt.

Nachdem sich die beiden gestrigen 2er-Seilschaften bestens bewährt hatten stiegen wir in der gleichen Konstellation ein. 1-2er Gelände wechselte sich immer wieder mit 3er-Gelände ab. Mal konnten wir am gleitenden Seil gehen, mal gesichert klettern. Insgesamt kamen wir sehr zügig voran und standen bald oben am Galengrat. Es passte einfach perfekt mit den zwei sehr stimmigen und harmonischen Teams.

Nach einer kurzen Pause und Einrichten eines Materialdepots mit dem nun nicht mehr benötigten Klettermaterial ging es weiter bergan. Zuerst über ein gut zu gehendes Firnfeld und viel Fels erreichten wir bald den gegen Ende ziemlich ansteigenden Schlussgrat, der glücklicherweise eine leichte griffige Firnauflage vorweisen konnte.

Diesem folgten wir mit respektablem Abstand zu den Wechten am Rand bis zum felsigen 3.586m hohen Gipfel. Hier war genügend Platz für eine entspannte Pause, während der wir bei sehr guter Fernsicht das umliegende Panorama genießen konnte.

Es ging nun auf dem gleichen Weg zurück bis zum Materialdepot und von dort weiter über den Grat bis zur zuvor schon angesprochenen Abseilpiste. Dank zweier 60m Seile benötigten wir lediglich 3 (natürliche und künstliche mit Metallgitter versehene) Abseilstände bis zum Wandfuß. Hier galt es die Randkluft zum Gletscher mit beherztem Abstoßen von der Wand zu überwinden.

Der Rückweg, natürlich nicht auf dem Normalweg, führte uns direkt vorbei am Hanibal über den rechten Teil des Sidelengletchers bis oberhalb des Klettergartens zurück zur Hütte.

Auch am letzten Tag wollten wir das gute Wetter nutzen und eine etwas anspruchsvolle Mehrseillänge klettern. So der Plan wenn wir gleich den Einstieg gefunden hätten. Nachdem bereits zu viel Zeit mit Suchen vergangen war disponierten wir um und begaben uns in die dritte Disziplin Bergsteigen.

Wir entschieden uns für eine einfach aussehende Verschneidung in Richtung Schildkrötengrat und starteten die Erstbegehung. Anfangs noch durch steiles Schrofengelände standen wir bald am Fuß der Verschneidung. Die war nicht nur brüchig sondern bewegte sich stellenweise auch im 4. Grad. Aus Bergsteigen wurde gesichertes alpines Klettern. Kritisch jeden Tritt und Griff beurteilend arbeiteten wir uns langsam aber erfolgreich bis ganz nach oben vor und erreichten bald den Schildkrötengrat. Ein kurzes Abklettern in moderatem Gelände und Abseilen bis zum Einstieg beendete dieses alpine Abenteuer.

Es ging zurück zur Sidelenhütte, und nach einer gemütlichen Kaffee und Kuchen Pause sowie dem Abstieg zum Furkapass traten wir gegen 13 Uhr die Heimfahrt an.

Drei äußerst abwechslungsreiche und wirklich geniale Tage voll mit Bergabenteuer lagen hinter uns.

Vielen Dank an Werner fürs Planen und sichere Durchführen sowie an Jens und Lothar für tolle Seilpartner.

Text: Harald Winter
Bilder: Jens Hetzler, Werner Görgen und Harald Winter