Grundlehrgang Alpin der DAV-Sektion Landau auf der Schärtenspitze (2153 m)

Grundlehrgang Alpin 12.-17.06.2022

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Die eine Hälfte des Grundlehrgangs traf sich am Sonntag morgen um 6 Uhr am Mitfahrerparkplatz in Landau, um nach Berchtesgaden aufzubrechen. Die Fahrt verlief dank unseres Fahrers Peter ruhig und ohne Probleme und das erste Thema, bei dem wir 4 (Wolfgang, Peter, Christian D. und Sebastian) uns näher kennenlernen konnten, war schnell gefunden. Die spektakuläre Bergrettung (inklusive Hubschraubereinsatz) einer 99-köpfigen Schülergruppe aus Ludwigshafen, die von 8 Lehrern auf eine „Abendrunde“ geführt wurde, bei der im I. Grad geklettert werden musste. Diese Diskussion brach jegliches Eis und erheiterte uns den Rest der Fahrt. Auf der Höhe des Chiemsees stieß der Rest der Gruppe zu uns (Christian S., Olga und Moritz), der von Karlsruhe aus gestartet war, weshalb wir die letzten Kilometer als Kolonne unterwegs waren.

Am Holzlagerplatz bei Hintersee angekommen, der uns als Parkplatz dienen sollte, mussten wir leider feststellen, dass Tagestouristen aus dem Münchner Umland schon alle Stellplätze belegt hatten, weshalb wir eine kreative Abstellmöglichkeit für unsere Autos finden mussten. Nachdem wir uns alle darauf geeinigt hatten, dass wir mögliche Abschleppkosten und Strafgebühren gemeinschaftlich bezahlen werden, begannen wir bei schönstem Wetter mit dem Aufstieg zur Blaueishütte. Unser Ausbilder Wolfgang hatte auch direkt die erste Lektion für uns parat und erklärte uns wie ein Berg generell bestiegen werden sollte. Dabei lernten wir, dass wir möglichst energiesparend und leise einen Luis Trenker Schritt nach dem anderen setzen sollten, um uns nicht zu verausgaben und dadurch eine Tour zu gefährden. Diesem Prinzip folgend, gelang uns der Aufstieg zur Hütte problemlos. Wir belohnten uns für diesen ersten kleinen Erfolg zugleich mit Kaffee und riesigen Kuchenstücken, bevor wir unser Lager bezogen und mit einem Knotenlehrgang den Nachmittag ausklingen ließen. Am Abend genossen wir die wunderbaren Kochkünste des Küchenteams und stellten fest, dass fast alle anderen auf der Hütte anwesenden Gruppen von den „Alpinen Welten“ geführt wurden. Trotzdem hatten diese privaten Lehrgänge das gleiche Gesprächsthema wie unsere Landauer Sektionsgruppe; die Bergrettung der 99 Ludwigshafener Schüler.

Am nächsten Morgen versammelten wir uns voller Tatendrang um 7 Uhr gemeinsam am reich gedeckten Frühstückstisch um uns zu stärken und den Tagesplan zu besprechen. Wegen schlechtem Bergwetter mussten wir unsere ersten praktischen Übungen im Gelände leider auf den Nachmittag verschieben. Um den Vormittag trotzdem sinnvoll zu nutzen gingen wir direkt dazu über alle Theorieeinheiten der kompletten Woche durchzusprechen. Nach mehreren Stunden Theorie über weiche Augen, Cirren, Höhenlinien, Gletscherspalten und dem Einmaleins der Bergrettung waren wir alle dankbar, dass wir am frühen Nachmittag endlich unseren ersten Stand bauen durften. Wir waren hoch motiviert, weil wir noch nicht wussten, dass Wolfgang die verlorene Zeit noch am selben Tag wieder aufholen wollte. Deshalb ging es Schlag auf Schlag weiter. Bis zum Abendessen setzten wir mobile Sicherungen, bekamen einen Crashkurs in Klettertechniken, stiegen in kompromittierender Stellung steile Felsen empor und lernten wie man Felsen einfängt und Köpfelschlingen setzt. Das war aber noch nicht alles. Nach einer offenen Diskussion und demokratischen Abstimmung entschieden wir uns dafür die verbliebenen praktischen Ausbildungsinhalte des Tages noch am selben Abend nachzuholen. Also fanden wir uns um 20 Uhr vor dem Übungsklettersteig der Blaueishütte ein und lernten wie man sich richtig am Stahlseil verhält. Als wir dann die Aufforderung bekamen den Klettersteig ein zweites Mal zu begehen und sahen, dass Wolfgang am höchsten Punkt einen Stand aufbaute, dämmerte uns, dass unser Ausbilder das Beste für den Schluss aufgehoben hatte. Begleitet von den letzten Sonnenstrahlen des Tages seilten wir uns einer nach dem anderen ab, bevor wir erschöpft aber zufrieden mit unserer Tagesleistung zur Hütte zurückkehrten.

Der dritte Tag unserer Ausbildungswoche begann mit dem Aufstieg zur Schärtenspitze und lehrte uns, wie man sich als Gruppe im schutthaltigen Gelände benimmt, damit weder der Hintermann noch eine nachfolgende Gruppe von Steinschlag getroffen wird. Auf dem Gipfel angekommen wurden wir mit einer wunderschönen Aussicht auf das Berchtesgadener Land und den benachbarten Watzmann belohnt. Außerdem hatten wir Glück, dass sich eine nette Berchtesgadenerin anbot ein Gipfelfoto von unserer Gruppe zu schießen (siehe Bild).

Nach dem Abstieg und einer Mittagspause im Freien folgte die nächste Lektion: Bewegung im Blockgelände. Dabei testete Wolfgang unseren Gleichgewichtssinn und zeigte uns wie man sich sicher von Fels zu Fels bewegt ohne abzurutschen. Diese Übung führte uns direkt ins nächste Terrain. Das Firnfeld des „Blaueisgletschers“ war für die nächsten Stunden unser Übungsplatz. Zuerst ging es darum ein Gefühl für den Schnee zu bekommen und mit den Bergschuhen gute Tritte ins Eis zu schlagen um eine Spur für den Rest der Gruppe anzulegen. Nachdem wir uns einigermaßen sicher im Firn bewegen konnten, war es an der Zeit für unseren ersten Stand im Schnee. Jeder hatte die Aufgabe seinen eigenen T-Anker zu bauen, der dann gemeinschaftlich auf seine Tauglichkeit geprüft wurde. Obwohl wir alle sehr ehrgeizig am Seil zogen, um zumindest einen der 6 vergrabenen Eispickel wieder zu Tage zu fördern, gelang uns dies (leider oder Gott sei Dank) nicht. Anschließend gingen wir das Schneefeld in Seilschaft oder solo mehrfach hoch und runter um sicherer im Umgang mit Seil, Eispickel und Steigeisen zu werden, bevor wir mit den Rutschübungen im Firn zum Höhepunkt des Tages kamen. Dabei legten wir uns in allen möglich denkbaren Variationen auf ein steiles Stück Schneefeld und begannen zu rutschen. Dank äußerst graziler Bewegungstechniken schafften wir es alle in die “Liegestütz”-Position und konnten unsere Rutschpartie früh genug beenden, bevor uns der umliegende Schotter am Ende des Schneefeldes auf natürlich Weise gebremst hätte. Den kurzen Rest des Nachmittages wärmten wir uns auf der Terrasse der Blaueishütte auf und sammelten Kräfte für den nächsten Tag.

Am vierten Tag konnten unsere Sportkletterer Moritz und Peter mit ihren Fähigkeiten glänzen. Zuerst kletterte Moritz eine Felswand nahe der Hütte empor, bevor er unter der fachlichen Anleitung von Wolfgang zwei Stände baute und sich danach sicher abseilte. Peter konnte danach Wolfgang, der sich in ein Seil eingehängt hatte, über einen Flaschenzug ungefähr einen Meter über dem Boden fixieren. In der Wand hängend zeigte uns Wolfgang nun, wie man sich aus dieser simulierten Gletscherspalte mittels Prusik- und Gardaknoten selbst rettet. Während Peter und Moritz schnell den Dreh raushatten, brauchten andere Gruppenmitglieder etwas länger, um die nötige Höhe zu erreichen, um wieder sicher abgelassen zu werden. Christian S. und Sebastian hatten größere Probleme mit dem Gardaknoten und mussten eine andere Gelegenheit abwarten, um die Selbstrettung erfolgreich zu meistern. Nach einer Mittagspause ging es zum Helikopterlandeplatz der Hütte, auf der wir weitere Techniken zur Spaltenbergung „trocken“ übten. Wir starteten mit dem Mannschaftszug und gingen danach zur losen Rolle über. Beide Bergungsarten wiederholten wir mehrfach, so dass der Nachmittag wie im Flug vorbeizog.

Am vorletzten Tag unseres Lehrgangs ging es zu einem großen Felsen, an dem wir unsere neu erlernten Fähigkeiten nochmal unter Beweis stellen sollten. Interessanterweise blockierte ein kleinerer Felsblock die Abseilroute am Felsen, die Wolfgang bei allen vorherigen Lehrgängen genutzt hatte. Aus diesem Grund verlegten wir die Abseilpunkte um den Felsblock herum und starteten mit dem Abseilen vom Fels im Gelände. Auf festem Boden angekommen gab es direkt die Aufgabe. Wir sollten den Felsen mit Hilfe der Gletscherspaltenselbstrettung wieder empor klettern. Peter und Olga hatten keine großen Probleme den Fels zu erklimmen, aber Moritz hatte durch die neue Route mit einem unangenehmen Überhang zu kämpfen. Nichtsdestotrotz bezwang Moritz seine sehr viel schwierigere Route mit Bravour, bevor es heftig zu regnen anfing. Wolfgang wollte die Übung an diesem Punkt abbrechen. Auf mehrfachen Wunsch von Sebastian wurde sie allerdings nach dem Ende des Regengusses fortgesetzt. Deshalb konnten Christian S. und Sebastian doch noch eine erfolgreiche Selbstrettung durchführen und mit einem guten Gewissen den Rückweg zur Hütte antreten. Am Abend vor dem Abstieg prüfte Wolfgang nochmal unser theoretisches Wissen, bei dem vor allem unsere Sportkletterer und Christian D. brillieren konnten. Unser Ausbilder war aber generell mit den Antworten aller Gruppenmitglieder zufrieden, weshalb er uns in Anlehnung an unsere Tischnachbarn als vollwertige Alpine Welpen bezeichnete. Wir ließen den Abend bei ein paar Bier und dem ein oder anderen Schnaps gesellig ausklingen und machten schon Pläne für die möglichen nächsten Touren.

Der Abstieg von der Hütte am letzten Tag brachte Gewissheit, dass unsere abgestellten Fahrzeuge nicht abgeschleppt worden waren und wir die Heimreise wie geplant antreten konnten. Moritz und Sebastian waren vom Blaueismassiv so angetan, dass Sie noch einen Tag länger blieben um den Hochkalter (2607 m) zu besteigen. Bei dieser Bergtour waren einige Fertigkeiten gefragt, die Sie in dieser Woche erlernt hatten, weshalb die Besteigung ein voller Erfolg wurde.

Mit diesen Worten möchten wir uns bei unserem Ausbilder für den gelungen Lehrgang und die angenehme Atmosphäre bedanken. Wir hoffen, dass der nächste Kurs genauso gut wird – Berg Heil!

Bericht: Sebastian Götze